Unterhalt zu fordern, ist in der Theorie ja angeblich so einfach. Es gibt ganze Nachschlagewerke dazu. Und trotzdem scheitern viele bereits vorher, und zwar am Herantreten an den Ex-Partner, um ihm die Forderung zu überbringen. Viele greifen hier zunächst auf Messenger wie WhatsApp, Signal oder Telegram zurück. Sei es, weil es bequem ist, oder auch, weil sie vor einem anwaltlichen Brief aus schlechtem Gewissen zurückschrecken, es sich mit dem Ex nicht verscherzen wollen. Ob die Kommunikation über WhatsApp etwas bringt, und welche Schritte bei ausbleibendem Erfolg eher etwas bringen, erfahren Sie hier.
Was möchten Sie mit Ihrer WhatsApp-Nachricht eigentlich erreichen?
Wir leben in einem Zeitalter, in dem es absolut üblich ist, auf elektronischem Wege miteinander zu kommunizieren. Auch WhatsApp ist dafür ein schönes Werkzeug. Kontaktieren Sie Ihren Ex per WhatsApp und fordern Unterhalt, könnte der Grund darin liegen, dass es Sie gerade dazu drängt, auf schnellstem Weg Ihre Forderung vorzutragen.
Vielleicht erhoffen Sie sich auch, dass Sie den Ex-Partner zu einer Reaktion bewegen und möchten austesten, wie er oder sie die Thematik Unterhalt betrachtet. Es könnte auch sein, dass Sie Scheu davor haben, den Ex persönlich zu kontaktieren und WhatsApp als Ihr Sprachrohr benutzen. Es mag sein, dass Sie eine positive Reaktion in Ihrem Sinne erreichen. Ob Sie davon wirklich einen Nutzen haben, steht auf einem anderen Blatt. Bleibt Ihre WhatsApp-Nachricht aber ohne jede Reaktion, müssen Sie andere Wege beschreiten.
Warum sind WhatsApp-Nachrichten im Rechtsverkehr ungeeignet?
Ist Ihr Ex-Partner ein verantwortungsvoller Elternteil oder ein verständiger Ex-Partner, könnte es durchaus sein, dass Ihre WhatsApp-Nachricht dazu führt, dass der Ex-Partner auf freiwilliger Basis Kindesunterhalt oder auch Trennungs- oder Ehegattenunterhalt zahlt. Dann hätten Sie Ihr Ziel tatsächlich erreicht. Bei genauerer Betrachtungsweise ist dieser Weg aber nicht zu empfehlen.
Machen Sie Unterhalt geltend, werden und sollten Sie daran interessiert sein, dass die Unterhaltszahlungen auf einer rechtsverbindlichen Grundlage geleistet werden. Zahlt der Ex-Partner freiwillig Unterhalt, stellt die Zahlungen aber im nächsten Monat ein, verlieren Sie eventuell viel Zeit, um Ihren Anspruch bzw. den des Kindes rechtsverbindlich durchzusetzen, die Sie auch vorab investieren können.
WhatsApp bietet kaum Raum, um Ihre Forderung zu begründen
Fordern Sie Unterhalt, werden Sie Ihre Forderung auch begründen müssen. So hängt die Höhe des Kindesunterhalts von der Höhe des unterhaltsrelevanten Nettoeinkommens des unterhaltspflichtigen Elternteils ab. Alle diese Umstände müssen bekannt sein. WhatsApp bietet keinen Raum, diese Faktoren in angemessener Form vorzutragen. Ihre bloße Forderung nach Unterhalt, in der Sie nach eigenem Ermessen irgendeinen Betrag beziffern, ist nicht geeignet, die Forderung nach Unterhalt in angemessener Form zu begründen. Auch insoweit werden Sie andere Wege gehen müssen.
Wie sollten Sie vorgehen?
Eine richtige Unterhaltsberechnung geht vorgezeichnete Wege. Auch hier gilt die Weisheit: „Der erste Schuss sollte sitzen“. Dazu müssen Sie genau das Ziel ins Auge gefasst haben.
Erster Schritt: Auskunft einfordern
In einem ersten Schritt fordern Sie den Ex-Partner auf, Auskunft über seine Vermögens- und Einkommensverhältnisse zu erteilen. Dies ist wichtig, als Sie mit einer solchen Aufforderung den Partner in Verzug setzen. Verzug bedeutet, dass Sie auch für die Vergangenheit und rückwirkend Unterhalt nachfordern können. Ziehen sich die Verhandlungen längere Zeit hin, geht Ihnen kein Geld verloren. Notfalls müssten Sie bei Gericht eine Auskunftsklage einreichen und beantragen, den Ex-Partner zur Auskunft zu verpflichten. Sollte sich der Partner weigern, könnte sich das Familiengericht von Amts wegen beim Arbeitgeber, Sozialversicherungsträger oder Finanzamt die notwendigen Informationen beschaffen.
Zweiter Schritt: Unterhalt bestimmen
Hat der Partner die gewünschten Auskünfte erteilt, lässt sich im zweiten Schritt das unterhaltsrelevante Einkommen bemessen. Dabei zählt nicht nur das Gehalt vom Arbeitgeber zum Einkommen, sondern auch
- eventuell vereinnahmte Mieten,
- Sonderzahlungen des Arbeitgebers
- oder eine Einkommensteuererstattung vom Finanzamt.
Das bloße Nettoeinkommen in der Gehaltsabrechnung ist also nicht allein maßgebend. Da der unterhaltspflichtige Ex-Partner das Recht hat, vom Bruttoeinkommen neben Steuern und Sozialversicherungsabgaben eine ganze Reihe weiterer Verbindlichkeiten abzuziehen, kommt es bei der Unterhaltsberechnung darauf an, die Berechtigung zum Abzug solcher Verbindlichkeiten im Detail zu prüfen. Meist wird viel mehr abgezogen, als rechtlich zulässig ist.
Lässt sich das unterhaltsrelevante Einkommen bestimmen, kann am besten ein in die Unterhaltsberechnung einbezogener Rechtsanwalt den Unterhalt mit dem Ex-Partner verhandeln und die Forderung mit der richtigen Argumentation begründen. Sie veranlassen auf diesem Weg den Ex-Partner dazu, sich in einem rechtlich vorgegebenen Rahmen zu äußern und schaffen die Voraussetzungen, den Unterhalt gegebenenfalls gerichtlich geltend zu machen.
EXPERTENTIPP
Kein Geld für eine professionelle Unterhaltsberechnung?
Haben Sie wenig Geld und scheuen sich davor, einen Anwalt einzubeziehen, haben Sie die Option Beratungshilfe und die Option Verfahrenskostenhilfe. Wenn Sie sich einen Beratungshilfeschein beim örtlichen Amtsgericht beschaffen, können Sie sich von einem Rechtsanwalt Ihrer Wahl gebührenfrei beraten lassen. Sie zahlen im Regelfall einen Eigenanteil von lediglich 15 €. Die Erstberatung dient der Orientierung. Sie wissen dann, was Sie als nächstes tun oder vielleicht besser unterlassen sollten.
Alles in allem
Fühlen Sie sich im ersten Anlauf wohler, wenn Sie über WhatsApp einmal beim Ex nachhaken, ob er oder sie denn bereit ist, Unterhalt zu zahlen und wann die erste Zahlung bei Ihnen ankommen wird, ist dagegen nichts einzuwenden. Haben Sie vorher rege geschrieben, „blaue Haken“ bekommen usw., werden Sie eine träge Reaktion auf diese Frage schon richtig einzuordnen wissen. Entscheidend ist dann jedoch, dass Sie sich professionelle Hilfe holen und zum Beispiel mit uns eine Unterhaltsberechnung vornehmen lassen. Wir helfen Ihnen gern seit 15 Jahren!