Wann tangiert Gehaltserhöhung den Unterhalt?

Frau lässt Unterhalt online berechnen

Freitag, 01.09.2023, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Geht es um Unterhalt, bestimmt die Höhe des Einkommens des Unterhaltspflichtigen, was der Unterhaltsberechtigte erwarten darf und was der Unterhaltspflichtige zahlen muss. Da das aktuelle Einkommen für die Unterhaltsberechnung maßgebend ist, ist jede Unterhaltsberechnung eine Art Momentaufnahme. Die Unterhaltsberechnung ist maßgebend, solange sich die Einkommensverhältnisse nicht ändern. Erhält der Unterhaltspflichtige eine Gehaltserhöhung, stellt sich die Frage, wie die Gehaltserhöhung den Unterhalt tangiert. Dabei gibt es Unterschiede zwischen Kindesunterhalt und Trennungs- bzw. Ehegattenunterhalt.

Gehaltserhöhung im Hinblick auf Kindesunterhalt

Der Kindesunterhalt bemisst sich nach der Einkommensgruppe des Unterhaltspflichtigen in der Düsseldorfer Tabelle und dem Alter des Kindes. Erhöht sich das Einkommen des Unterhaltspflichtigen, richtet sich der Kindesunterhalt nach dem aktuellen erhöhten Einkommen bezogen auf die letzten zwölf Monate. Der Grund der Gehaltserhöhung ist gleichgültig. Auch spielen die Einkommensverhältnisse während der Ehe, anders als beim Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, keine Rolle. Grund dafür ist, dass das Kind schließlich nicht von seinem Elternteil geschieden wird und die Scheidung der Ehe seiner Eltern für den Kindesunterhalt keine Rolle spielt.

GUT ZU WISSEN

Trotz mehr Brutto weniger Netto

Mit einer Gehaltserhöhung erhöht sich das Bruttogehalt. Wegen der sogenannten kalten Progression ist es steuerrechtlich möglich, dass sich die Gehaltserhöhung auf das Nettogehalt negativ auswirkt. Steigt das Bruttogehalt, steigt auch der Steuersatz. Deshalb ist es denkbar, dass ein Arbeitnehmer zwar eine Gehaltserhöhung erzielt, wegen der steuerlichen Progression aber dennoch weniger verdient als zuvor. Insoweit empfiehlt sich, bei einer Gehaltserhöhung vorab zu kalkulieren, ob und inwieweit sich die Gehaltserhöhung unterhaltsrechtlich tatsächlich auswirkt.

Praxisbeispiel

Gehaltserhöhung begründet nicht immer höhere Einkommensgruppe

Eine Gehaltserhöhung bedeutet noch nicht unbedingt, dass sich der Kindesunterhalt tatsächlich erhöht. Eine Einkommenssteigerung wirkt sich beim Kindesunterhalt nach der Düsseldorfer Tabelle erst aus, wenn sich das Einkommen um wenigstens 400 € erhöht. Erst dann rutscht der unterhaltspflichtige Elternteil in eine höhere Einkommensstufe und zahlt höheren Kindesunterhalt.

Gehaltserhöhung Hinblick auf Trennungs- und Ehegattenunterhalt

Anders als beim Kindesunterhalt bemessen sich Trennungs- und Ehegattenunterhalt nach den ehelichen Lebensverhältnissen während der Ehe.

Gehaltserhöhung vor der Scheidung

Diejenigen Einkünfte, die die ehelichen Lebensverhältnisse der Ehegatten während der Ehe geprägt haben, sind Grundlage für die Unterhaltsberechnung. Deshalb wirken sich Einkommenserhöhungen vor der Scheidung immer auf die ehelichen Lebensverhältnisse aus. 

 

Ausgenommen davon sind allerdings Einkommenserhöhungen, die nur infolge der Trennung eingetreten sind. Da die Einkommenserhöhung nicht in der Ehe angelegt war, bleibt sie bei der Unterhaltsberechnung unberücksichtigt.

Praxisbeispiel

Besser bezahlte Stelle in einer anderen Stadt

Der Ehegatte tritt nach der Trennung in einer anderen Stadt eine weitaus besser bezahlte Stelle an, was er offensichtlich nicht getan hätte, wenn die Ehe Bestand gehabt hätte.

 

Eine weitere Ausnahme besteht, wenn der unterhaltspflichtige Ehegatte in den Genuss einer unvorhersehbaren, außergewöhnlichen Einkommenserhöhung kommt (Karrieresprung). Auch in diesem Fall bleibt die Einkommenserhöhung unberücksichtigt, da sie nicht in der Ehe angelegt und nicht zu erwarten war. Die Rechtsprechung hat in einer Reihe von Einzelfällen entschieden, wann ein Karrieresprung zu berücksichtigen ist und wann nicht.

Gehaltserhöhung nach der Scheidung

Tritt die Gehaltserhöhung nach der Scheidung ein, ist sie unterhaltsrechtlich zu berücksichtigen, wenn sie zum Zeitpunkt der Scheidung mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten war und diese Erwartung die ehelichen Lebensverhältnisse bereits geprägt hat, indem die Ehegatten schon vor der erwarteten Gehaltserhöhung ihren Lebenszuschnitt geändert haben. Daran fehlt es, wenn die Gehaltserhöhung erst einige Jahre nach der Scheidung eintritt.

Müssen Sie Unterhalt nachzahlen, wenn Sie mehr verdienen?

Geht es um Kindesunterhalt, kann der betreuende Elternteil für das unterhaltsberechtigte Kind Unterhalt nachfordern, wenn er bzw. sie Kenntnis von der Gehaltserhöhung des unterhaltspflichtigen Elternteils erlangt. Da sich der Unterhalt nach dem Einkommen der letzten zwölf Monate richtet, führt die Gehaltserhöhung dazu, dass der erhöhte Unterhalt dem Kind erst nach weiteren zwölf Monaten zugutekommt.

 

Voraussetzung ist, dass der Unterhalt rechtzeitig geltend gemacht und der unterhaltspflichtige Elternteil formal ordnungsgemäß in Verzug gesetzt wurde. Details regelt § 1613 BGB. War der Verzug begründet, muss der Elternteil ab dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung den um die Gehaltserhöhung erhöhten Unterhaltsbetrag nachzahlen. Damit besteht auch ein Anspruch auf rückständigen Unterhalt in der Vergangenheit. Ansprüche scheitern in der Praxis aber oft daran, dass die im Gesetz bestimmte Inverzugsetzung nicht ordnungsgemäß erfolgt.

 

Geht es hingegen um Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, kommt es darauf an, ob die Gehaltserhöhung für die ehelichen Lebensverhältnisse prägend war. Ist dies der Fall, schuldet der unterhaltspflichtige Ehepartner den erhöhten Unterhalt ab dem Zeitpunkt der Inverzugsetzung. Ist die Gehaltserhöhung nicht eheprägend, bleibt sie außer Betracht.

Besteht eine Meldepflicht für die Gehaltserhöhung beim Unterhalt?

Der Unterhaltspflichtige ist nicht verpflichtet, von sich aus eine Gehaltserhöhung zu melden. Insoweit schadet es nicht, wenn die Gehaltserhöhung verschwiegen wird. Riskant ist lediglich, wenn der Unterhaltspflichtige aufgefordert wird, Auskunft über seine Einkommensverhältnisse zu erteilen und er die Gehaltserhöhung bewusst verschweigt und damit die Absicht verfolgt, die Unterhaltsberechnung auf dem Niveau des früheren Gehalts vornehmen zu lassen. In diesem Fall besteht der Verdacht des Betrugs und des Prozessbetrugs.

Wie erfährt der Unterhaltsberechtigte von der Gehaltserhöhung?

Der unterhaltspflichtige Elternteil oder Ex-Partner ist verpflichtet, Auskunft über seine Einkommens- und Vermögensverhältnisse zu erteilen. Es besteht eine gesetzlich verbriefte Auskunftspflicht. Die Auskunft ist mit entsprechenden Unterlagen zu belegen.

 

Nach Ablauf von zwei Jahren ist der Unterhaltspflichtige verpflichtet, erneut Auskunft zu erteilen und Belege vorzulegen. Vor Ablauf der zwei Jahre besteht die Auskunftspflicht ausnahmsweise nur, wenn der Unterhaltsberechtigte geltend gemacht hat, dass der Unterhaltspflichtige in der Zwischenzeit wesentlich höhere Einkünfte, beispielsweise durch eine Gehaltserhöhung, erzielt hat. Es sollte also ein begründeter Verdacht bestehen, dass eine Gehaltserhöhung eingetreten ist. Spekulationen oder Behauptungen ins Blaue hinein sind keine Grundlage, einen Unterhaltsrechtsstreit loszutreten.

 

Sollte die Sperrfrist von zwei Jahren seit der letzten Auskunft noch nicht vergangen sein, empfiehlt sich im Hinblick auf den mit einem Unterhaltsrechtsstreit verbundenen Aufwand, den Zeitraum der zwei Jahre abzuwarten und dann den Regelauskunftsanspruch geltend zu machen.

Alles in allem

Unterhalt ist nicht statisch und unterliegt insbesondere beim Kindesunterhalt Veränderungen. Sind Sie unterhaltsberechtigt, sollten Sie bei der Gehaltserhöhung des Unterhaltspflichtigen den Unterhalt neu berechnen lassen. Sind Sie unterhaltspflichtig, sollten Sie bei der Gehaltserhöhung prüfen lassen, ob die Gehaltserhöhung sich auf den Unterhalt auswirkt.

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