Die Ausbildung eines Kindes kostet Geld. Eltern sind ihren Kindern gegenüber nicht nur unterhaltspflichtig, sondern müssen auch für eine angemessene Ausbildung finanziell aufkommen. Um Eltern zu entlasten und möglichst jedem Kind eine Ausbildung zu ermöglichen, gewährt der Staat BAföG. Im Alltag von Familien stellt sich häufig die Frage, ob das Kind verpflichtet ist, BAföG zu beantragen oder ob es darauf bestehen kann, von den Eltern unterhalten zu werden.
Was ist vorrangig, BAföG oder Unterhalt?
In der Rechtsprechung ist es unbestritten, dass ein Kind BAföG beantragen muss, soweit BAföG-Leistungen in Betracht kommen und gewährt werden. Es ist einem Kind auch zumutbar, BAföG zu beantragen, sofern der Antrag wegen außergewöhnlich hoher Einkünfte der Eltern oder nicht erbrachter Studienleistungen nicht von vornherein aussichtslos erscheint. Deshalb muss das Kind vorrangig BAföG beantragen und kann nicht nach eigenem Ermessen die Eltern auf Unterhaltszahlungen beanspruchen.
Der Grund ist einleuchtend. Eltern sind dem Kind nur insoweit unterhaltspflichtig, als das Kind selbst finanziell bedürftig und auf die finanzielle Unterstützung der Eltern angewiesen ist. Gewährt der Staat dem Kind BAföG, ist es finanziell nicht mehr bedürftig und insoweit auch nicht mehr auf die Unterstützung seiner Eltern angewiesen.
Kind will keinen BAföG-Antrag stellen
Eltern können die Unterhaltszahlungen verweigern und das Kind zunächst darauf verweisen, BAföG zu beantragen. Das Kind muss detailliert darlegen und nachweisen, dass es trotz rechtzeitiger Antragstellung keine Ausbildungsförderung erhalten hat oder erhalten hätte. Der Nachweis gelingt im einfachsten Fall dadurch, dass das Kind den ablehnenden BAföG-Bescheid des BAföG-Amtes präsentiert. Erst wenn tatsächlich keine BAföG-Leistungen gewährt werden, lebt die Unterhaltsverpflichtung der Eltern wieder auf. Gibt das Kind über das Ergebnis seines BAföG-Antrags keine Auskunft, können die Eltern auch insoweit die Unterhaltszahlungen einstellen. Im Idealfall sollte sich die Situation nicht wirklich als problematisch herausstellen, da das Kind frühzeitig BAföG beantragen sollte, sobald es sich um einen Studienplatz bewirbt.
BAföG, obwohl die Hälfte Darlehen ist?
BAföG wird zur Hälfte als Zuschuss und zur Hälfte als unverzinsliches Darlehen gewährt. Die gewährten Leistungen sind erst fünf Jahre nach Ende der Förderung in monatlichen Raten zurückzuzahlen. Außerdem ist die Tilgung auf einen Höchstbetrag von 10.000 € beschränkt und kann bei guten Leistungen teilweise auch erlassen werden. Abhängig von der Höhe der gewährten Darlehensleistungen wird bis zu 21,5 % Rabatt gewährt. Dadurch lassen sich maximal 2.152 € sparen. BAföG-Schulden über 10.010 € werden ohnehin erlassen.
Wegen dieser günstigen Konditionen erscheint es gerechtfertigt und dem Kind auch zumutbar, BAföG in Anspruch zu nehmen und die Eltern insoweit finanziell zu entlasten. Genauso wird sich auch bei einem Stipendium argumentieren lassen, das in den Konditionen mit den BAföG-Leistungen vergleichbar ist. Die Verpflichtung, BAföG zu beantragen, kommt ausnahmsweise nicht in Betracht, wenn ein Fördererkredit aufgrund der Verzinsung und schlechterer Rückzahlungsmodalitäten nicht mit einem BAföG-Darlehen vergleichbar ist.
Ein Kind kann auch insoweit nicht damit argumentieren, dass es sich nicht bereits in Zeiten seiner Ausbildung verschulden möchte, deshalb kein BAföG beantragt und stattdessen lieber die Eltern auf Unterhalt in Anspruch zu nehmen gedenkt.
(Wie) wird BAföG mit Unterhalt verrechnet?
Jeder Anspruch auf Unterhalt setzt Bedürftigkeit voraus. Erhält das Kind BAföG, ist es in Höhe der BAföG-Leistungen nicht mehr bedürftig. Die BAföG-Leistungen werden auf den Unterhalt, den das Kind von den Eltern beanspruchen könnte, angerechnet. Auch das Kindergeld, das dem Kind ab dem 18. Lebensjahr in voller Höhe zusteht, reduziert die Bedürftigkeit und wird auf die Unterhaltsleistungen der Eltern angerechnet. BAföG und Kindergeld gelten als Einkommen des Kindes und reduzieren den Unterhaltsanspruch. Die Eltern werden entlastet.
Wohnt das studierende Kind außerhalb der elterlichen Wohnung, hat es laut Düsseldorfer Tabelle Anspruch auf monatlich 930 € Unterhalt. Hierin sind bis 410 € für Unterkunft einschließlich umlagefähiger Nebenkosten und Heizung enthalten. Besteht Anspruch auf Kindergeld, ist das Kindergeld von 250 € in voller Höhe auf den Unterhalt anzurechnen. Daraus ergibt sich ein Restunterhaltsanspruch von 680 €. Wird dem Kind beispielsweise 500 € BAföG gewährt, könnte es von seinen Eltern noch 180 € Kindesunterhalt verlangen. Es wäre unterhaltsrechtlich in Höhe von 180 € noch bedürftig.
Da das volljährige Kind nicht mehr betreuungsbedürftig ist, ist die Barunterhaltspflicht beider Elternteile begründet. Dann sind beide Elternteile nach Maßgabe ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit zum Barunterhalt verpflichtet. Derjenige Elternteil, der ein höheres Einkommen hat, zahlt einen verhältnismäßig höheren Unterhaltsbeitrag als derjenige, der weniger verdient.
Was, wenn Eltern Einkommensauskunft verweigern?
Möchte das Kind BAföG beantragen, muss es die Steuerbescheide seiner Eltern vorliegen. Übersteigt das Einkommen der Eltern gewisse Einkommensgrenzen, bekommt das Kind kein BAföG. Es ist dann den Eltern zuzumuten, aus ihrem Einkommen Unterhalt für das Kind zu leisten. Verweigert ein Elternteil die Auskunft, kann das Kind im Regelfall seinen BAföG-Antrag nicht begründen. Dabei liegt es sehr wohl im Interesse der Eltern, die notwendigen Auskünfte zu erteilen. Denn wird dem Kind BAföG gewährt, werden die Eltern oder der Elternteil finanziell entlastet.
Die Alternative besteht darin, dass das Kind BAföG-Leistungen als Vorausleistung beantragt. Für den Antrag auf Vorausleistung ist das Formblatt 8 zum BAföG-Antrag zu verwenden. In diesem Fall gewährt das BAföG-Amt BAföG-Leistungen ohne Anrechnung des Einkommens der Eltern oder des Elternteils. Das Kind muss schriftlich versichern, dass die Eltern oder ein Elternteil die Unterstützung verweigert.
Allerdings tritt das BAföG-Amt nur in Vorlage. Das BAföG-Amt wird den unterhaltspflichtigen Elternteil direkt auffordern, Stellung zu nehmen und danach endgültig über den Antrag des Kindes entscheiden. Erbringt das BAföG-Amt für das Kind Vorausleistungen, geht der Auskunftsanspruch gegen die Eltern auf das Amt über. Das Amt informiert die Eltern mit einer Übergangsanzeige. Leistet der unterhaltspflichtige Elternteil nach Zustellung der Übergangsanzeige keine Zahlungen an das Land, wird das BAföG-Amt den Auskunftsanspruch gegenüber dem Elternteil gerichtlich geltend machen und den Elternteil wegen der Vorausleistungen an das Kind in Regress nehmen.
Sind Studenten erwerbspflichtig?
Während des Studiums sind Studenten nicht verpflichtet, nebenher zu arbeiten und Geld zu verdienen. Grund ist, dass das Studium eine Vollzeittätigkeit darstellt. Jede Tätigkeit, die der Student nebenher ausübt, könnte den erfolgreichen und zügigen Studienabschluss verzögern. Nicht zuletzt liegt ein schneller Studienabschluss im Interesse der Eltern, deren potentiell bestehende Unterhaltspflicht mit Abschluss des Studiums entfällt.
Ist der Student trotzdem nebenher erwerbstätig, sind seine Einkünfte nicht auf den Unterhalt anzurechnen, sofern es sich nur um einen Studentenjob oder einen gelegentlich ausgeübten Nebenjob während der Semesterferien handelt. Bei derartigen Einnahmen handelt es sich um sogenannte überobligationsmäßige Einkünfte, also Einkünfte aus einer Tätigkeit, zu der der Student an sich nicht verpflichtet ist.
Anders ist es, wenn der Student als Werkstudent tätig ist oder für ein Praktikum eine Vergütung erhält. Diese Einkünfte werden auf den Unterhaltsbedarf des Studenten angerechnet und reduzieren den Unterhaltsanspruch gegenüber den Eltern. Ab einer gewissen Einkommensgrenze wirkt sich der Verdienst auch auf die BAföG-Leistungen aus.
Ähnlich ist es, wenn der Student regelmäßig einen Minijob als 520-EUR-Job ausübt. Soweit es sich um eine nicht nur gelegentliche Erwerbstätigkeit handelt, erfolgt nach Abzug eines berufsbedingten Aufwendungsbetrages von mindestens 100 € die Anrechnung auf den Unterhalt.
Alles in allem
Das Versprechen mancher BAföG-Rechner im Internet, in 30 Minuten einen BAföG-Antrag zu erstellen, erscheint wenig realistisch. Möchten Sie Ihren BAföG-Antrag schnell und zuverlässig auf den Weg bringen, kann sich empfehlen, von vornherein juristische Unterstützung in Anspruch zu nehmen und die notwendigen Formulare so auszufüllen, dass es möglichst wenig oder keine Rückfragen vom Amt gibt. Juristische und damit meist anwaltliche Unterstützung brauchen Sie ohnehin, sollte Ihr Antrag vom BAföG-Amt abgelehnt werden. Allein das staatliche Angebot sollte auf jeden Fall Grund genug sein, BAföG in Anspruch zu nehmen. Sind Sie als Elternteil betroffen, kann es helfen, Ihr Kind mit der richtigen juristischen Überzeugung zu motivieren, BAföG zu beantragen und unterhaltsrechtlich zu Ihrer Entlastung beizutragen.