Unterhalt aus Kapitalerträgen

Zinsen, Dividenden und Mieteinnahmen berücksichtigt wissen

Mann Frau Sparschwein iurFRIEND® AG

Mittwoch, 17.01.2024 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Unterhalt wird meist aus dem laufenden Einkommen heraus gezahlt. Hat der Unterhaltspflichtige Vermögen, ist zu klären, ob die Vermögenserträge über das Einkommen hinaus einen höheren Unterhalt begründen. Umgekehrt interessiert den Zahler, inwieweit sich der Unterhaltsberechtigte eigene Kapitalerträge auf seinen Unterhaltsanspruch anrechnen lassen muss. Möchten Sie Klarheit, erhalten Sie diese ganz bequem online und rechtssicher über die iurFRIEND-Unterhaltsberechnung. Hier geht es zum Formular!

Was zählt zum Einkommen für die Unterhaltsberechnung?

Unterhalt bestimmt sich danach, inwieweit der Unterhaltspflichtige leistungsfähig und der Unterhaltsberechtigte bedürftig ist. Bei der Ermittlung der Leistungsfähigkeit und der Bedürftigkeit sind daher alle Einkünfte heranzuziehen, egal, welcher Art diese sind und aus welchem Anlass diese gezahlt werden.

 

Voraussetzung ist lediglich, dass die Einnahmen dauerhaft zur freien Verfügung stehen und regelmäßig gezahlt werden. Zu den unterhaltsrechtlich relevanten Einkünften gehören also nicht nur das Arbeitseinkommen einschließlich aller vom Arbeitgeber gewährter geldwerter Vorteile (z.B. Firmenwagen, Personalrabatt), sondern auch die Erträge aus Kapitalvermögen jedweder Art. Daraus ergibt sich der Rückschluss, dass die Vermögenserträge für den Unterhalt heranzuziehen sind, auch wenn der Unterhaltspflichtige oder Unterhaltsberechtigte über kein eigenes Einkommen aus unselbständiger oder selbstständiger Tätigkeit verfügt.

Welche Kapitalerträge sind unterhaltsrechtlich relevant?

Kapitalerträge sind alle Erträge, die der Eigentümer aus der Anlage von Vermögenswerten erwirtschaftet. Dazu gehören

  • Zinseinkünfte auf dem Sparbuch,
  • Dividenden aus Unternehmensbeteiligungen,
  • Mieteinkünfte aus der Vermietung oder
  • Verpachtung von Grundstücken und Immobilien.

Zu berücksichtigen sind immer nur die Nettoerträge, die effektiv zur Verfügung stehen. Daher sind Steuern und Werbungskosten abzuziehen. Eine inflationsbedingte Bereinigung findet jedoch nicht statt (BGH FamRZ 1986, 441).

 

Die Herkunft der Erträge spielt, soweit sie gesetzeskonform erzielt werden, keine Rolle. Beim Ehegattenunterhalt sind daher auf Seiten des unterhaltsberechtigten Ex-Partners auch die aus dem Zugewinnausgleich resultierenden Zinsen zu berücksichtigen (BGH FamRZ 1987, 912).

 

Im Hinblick auf einzelne Kapitalerträge sind Besonderheiten zu beachten.

Zinseinkünfte

Zinseinkünfte zählen immer zum Einkommen.

  • Es kommt nicht darauf an, ob die Zinseinkünfte aus einem Sparguthaben stammen, das aus dem laufenden Unterhalt gebildet wird, aus einer Vermögensanlage oder einer Schmerzensgeldzahlung. Entscheidend ist allein, dass aus der Vermögensanlage Zinsen erzielt werden.
  • Zinsen aus kleineren Sparguthaben, die der Unterhaltsberechtigte oder Unterhaltspflichtige als Verfügungsreserve vorhält, sollen anrechnungsfrei bleiben. Das OLG München (FamRZ 1994, 1459) hatte 40.000 DM zugestanden.
  • Zinsen sind bei Erträgen über dem jeweiligen Sparerfreibetrag nach Abzug der Zinsabschlagsteuer in Ansatz zu bringen. Auch eventuelle Werbungskosten sind abzuziehen. Die Art der Anlage spielt keine Rolle.
  • Werden die Zinsen aus einer Kapitalanlage nicht ausgezahlt, sondern werterhöhend immer wieder angelegt (thesauriert), kommt eine fiktive Zurechnung regelmäßig ausgeschütteter Vermögenserträge in Betracht, die theoretisch erzielbar wären. Den erzielbaren Betrag hat das OLG Hamm mit netto 2 % angesetzt (OLG Hamm, FamRZ 2012, 2121). Die Zinseinkünfte sind bereits in dem Zeitpunkt zu berücksichtigen, in dem diese der Geldanlage zugeführt werden, auch wenn die Zinsen erst später ausgezahlt werden.
  • Werden Kapitalerträge im Rahmen einer zusätzlichen Altersvorsorge thesauriert, stellen diese beim Elternunterhalt kein unterhaltsrelevantes Einkommen dar (BGH FamRZ 2013, 363). Der Aufbau von Altersvorsorgevermögen ist zulässig, wobei der Bundesgerichtshof von einer Rendite von 4 % ausging. Auch wenn die Entscheidung den Elternunterhalt betrifft, ist davon auszugehen, dass beim Ehegatten- oder Kindesunterhalt keine andere Beurteilung geboten ist.

Mieteinnahmen

Werden aus der Vermietung oder Verpachtung von Grundstücken oder Immobilien Mieten erzielt, sind steuerrechtliche und unterhaltsrechtliche Aspekte zu unterscheiden. Das steuerlich relevante Ergebnis ist durch Abschreibungsmöglichkeiten und Instandsetzungskosten meist günstiger, so dass sich unterhaltsrechtlich eine andere Bewertung rechtfertigt.

 

Instandsetzungskosten sind daher unterhaltsrechtlich nur von Bedeutung, wenn es sich um notwendigen Erhaltungsaufwand handelt. Auch ein effektiv feststellbarer Wertverlust einer Immobilie ist unterhaltsrechtlich anzuerkennen (BGH FamRZ 2012, 514). Ausbauten und werterhöhende Baumaßnahmen dienen hingegen der Kapitalbildung und sind bei der Unterhaltsberechnung nicht zu berücksichtigen.

Schmerzensgeld

Wird Schmerzensgeld gezahlt, soll der Geschädigte einen Ausgleich für immaterielle Schäden erhalten. Das Geld und die daraus eventuell resultierenden Erträge sind unterhaltsrechtlich nur einschränkend zu berücksichtigen. Wird das Geld verausgabt, lässt sich daraus nicht der Vorwurf konstruieren, das Geld hätte gewinnbringend angelegt werden müssen.

 

Soweit der Geschädigte aufgrund seiner Lebensumstände das Geld für den eigenen Lebensunterhalt verbraucht, ist unter Berücksichtigung aller Umstände und der Zielsetzung des Schmerzensgeldes zu prüfen, inwieweit Zinserträge unterhaltsrechtlich noch eine Rolle spielen. Auf jeden Fall muss dem Geschädigten ein Teil des Schmerzensgeldes anrechnungsfrei verbleiben (Bundessozialgericht FamRZ 1992 ,810).

Vermögenswerte sind zur Vermeidung fiktiver Erträge gewinnbringend anzulegen

Wirtschaftliches Gebot ist, Vermögenswerte so gewinnbringend wie möglich anzulegen. Dieser Ansatz wird in der Praxis immer wieder herangezogen, um den Vorwurf zu begründen, die gebotene Anlage von Vermögenswerten sei vernachlässigt oder gar vorsätzlich unterlassen worden. Im Detail:

  • Kommt der Unterhaltspflichtige oder der Unterhaltsberechtigte dieser Obliegenheit nicht angemessen nach, sind fiktive, also theoretisch erzielbare Zinseinkünfte in Ansatz zu bringen (BGH FamRZ 1998, 87). Deshalb ist auch bei der Anlage in thesaurierender Form davon auszugehen, dass die Erträge fiktiv ausgezahlt worden wären (BGH FamRZ 2007, 1535). Soweit die Erträge nicht greifbar sind, kann die Höhe des vermutlich erzielbaren Zinsertrags geschätzt werden. Dabei sind die aktuellen Marktgegebenheiten zu berücksichtigen.
  • In Niedrigzinsphasen besteht keine Verpflichtung, mit dem vorhandenen Vermögen in Immobilien zu investieren, um eine höhere Rendite zu erzielen. Dies gilt umso mehr angesichts des hohen Preisniveaus auf dem Immobilienmarkt. Zudem ist zu berücksichtigen, dass sich der Erwerb auch als Fehlentscheidung erweisen könnte. Lässt sich eine Vermögensanlage als spekulativ bezeichnen besteht unterhaltsrechtlich keine Verpflichtung, Vermögen spekulativ anlegen zu müssen (OLG Stuttgart FamRZ 2016, 638).
  • Eine Anrechnung fiktiver Vermögenserträge kommt nicht in Betracht, wenn der betreffende Vermögenswert nicht mehr vorhanden ist. Dann bleibt nur noch zu prüfen, ob der Unterhaltsberechtigte seine Bedürftigkeit mutwillig herbeigeführt und dadurch seinen Unterhaltsanspruch zunichte gemacht hat (§ 1579 Nr. 4 BGB).

Verbraucht der Unterhaltspflichtige Vermögen, ohne Nutzungen daraus zu ziehen, kommt der Ansatz fiktiver Zinseinkünfte in Betracht, wenn der Pflichtige unwirtschaftlich gehandelt und dadurch seine Leistungsfähigkeit mutwillig reduziert hat.

 

Werden fiktive Einkünfte in Ansatz gebracht, sind im Hinblick auf die Realisierbarkeit dieser Erträge die aktuellen Verhältnisse auf dem Kapitalmarkt zu berücksichtigen.

  • Bei der Vermögensanlage ist ein gewisser Freiraum zuzugestehen. Auch ist eine angemessene Frist zu gewähren, in der die Entscheidung zu treffen ist, auf welche Weise das Kapital angelegt werden soll (BGH FamRZ 1986, 443).
  • Auch muss nicht das gesamte Vermögen gewinnbringend angelegt werden. Eine ertraglose Barreserve für Notfälle ist zu belassen. Dieser Notgroschen ist regelmäßig in Höhe des sozialhilferechtlichen Schonbetrages anzusetzen (BGH FamRZ 2004, 371).
  • Geht es um den Trennungs- oder Ehegattenunterhalt, ist zu berücksichtigen, dass die Vermögenserträge die ehelichen Lebensverhältnisse geprägt haben müssen. Kommt der Unterhaltspflichtige nach der rechtskräftigen Scheidung in den Genuss eines Erbes, dann prägen die Erträge aus dem Nachlass die ehelichen Lebensverhältnisse nur dann, wenn die Erbschaft so wahrscheinlich war, dass die Ehegatten ihren Lebenszuschnitt bereits während der Ehe vernünftigerweise darauf einrichten konnten und dies auch getan haben (BGH FamRZ 2012, 1483). Fällt die Erbschaft erst 20 Jahre nach der Scheidung an, spielen die ehelichen Lebensverhältnisse keine Rolle mehr (OLG Koblenz FamRZ 2015, 417).

Alles in allem

Geht es um Unterhalt, zählt auf Seiten des Unterhaltsberechtigten und des Unterhaltspflichtigen oft jeder Euro. Möchten Sie angemessen und richtig argumentieren, sollten Sie im Detail wissen, inwieweit Zinseinkünfte beim Unterhalt zu berücksichtigen sind. Im Hinblick auf die vielfältige Rechtsprechung und die komplexen Details sollten Sie überlegen, Ihren Unterhalt professionell berechnen zu lassen. Wir stehen Ihnen dafür jederzeit zur Verfügung!

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