Gibt es auch für Kinder von Eltern Verfahrenskostenvorschuss?

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Mittwoch, 20.09.2023, geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Wer eine Forderung gerichtlich einklagen möchte, muss Anwalt und Gericht bezahlen. Bevor als staatliche Fürsorgeleistung Verfahrenskostenhilfe oder Prozesskostenhilfe beantragt werden kann, ist zu prüfen, ob ein Elternteil unterhaltsrechtlich verpflichtet ist, dem Kind einen Verfahrenskostenvorschuss („VKV“) zu bezahlen. Gut ist, wenn Sie wissen, wie die in der Praxis wenig bekannte Option zum eigenen Vorteil genutzt werden kann.

Was ist das, Verfahrenskostenvorschuss?

Verfahrenskostenvorschuss ist ein Rechtsanspruch, der sich aus der Unterhaltspflicht ableitet. Er ist unterhaltsrechtlicher Natur. Es handelt sich um eine besondere Form des Sonderbedarfs (BGH FamRZ 2010 ,452). Zweck ist, es einem Ehepartner oder einem Kind zu ermöglichen, in einer persönlichen Angelegenheit ein gerichtliches Verfahren zu betreiben. Dazu muss der andere Ehepartner, oder aber auch der Elternteil auf die zu erwartenden Verfahrenskosten einen Vorschuss leisten.

 

Nebenbei: Der Verfahrenskostenvorschuss betrifft gerichtliche Verfahren (z.B. Unterhaltsrechtsstreit), während der Prozesskostenvorschuss einen gerichtlichen Prozess finanziert.

Warum ist die Prüfung, ob ein Anspruch besteht, so wichtig?

Möchten Sie zur gerichtlichen Wahrnehmung Ihrer Interessen staatliche Verfahrenskosten- oder Prozesskostenhilfe beantragen (VKH / PKH), ist vorab zu prüfen, ob und eventuell ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss besteht. Da Verfahrens- und Prozesskostenhilfe eine staatliche Fürsorgeleistung darstellt, ist vorrangig zu prüfen, ob andere Finanzierungsmöglichkeiten bestehen.

 

Erst wenn die Prüfung negativ ausfällt, kann überhaupt ein Antrag auf VKH oder PKH in Betracht gezogen werden. Besteht ein Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss, zählt der Anspruch als Vermögen. Sie sind dann nicht mehr bedürftig im Sinne der Verfahrenskostenhilfe.

 

Dies gilt aber nur dann, wenn der Anspruch zeitnah und ohne große Schwierigkeiten möglichst in einer Summe zu realisieren ist. Kann der Unterhaltspflichtige den Vorschuss nur ratenweise zahlen, wird meist die Verfahrenskostenhilfe gegen Ratenzahlung bewilligt. Grund ist, dass es dem Anspruchsberechtigten nicht zuzumuten ist, zuzuwarten, bis so viele Raten zusammengekommen sind, dass das Verfahren bezahlt werden kann.

Wer hat wem gegenüber Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss?

Elternteile haben gegenüber dem eigenen Kind keinen Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss, wohl aber die folgenden Konstellationen.

Ehepartner gegeneinander

Typischerweise haben Ehepartner Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss. Dieser Anspruch ist im Gesetz ausdrücklich geregelt. Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, in einer persönlichen Angelegenheit die Kosten eines Rechtsstreits zu tragen, so ist der andere Ehegatte verpflichtet, diese Kosten vorzuschießen (§ 1360a Abs. IV BGB).

Diese Verpflichtung besteht während der Ehe, aber auch dann, wenn sich die Eheleute getrennt haben (§ 1361 Abs. IV BGB). Ein solcher Anspruch wird vornehmlich interessant, wenn Sie Ihre Scheidung beantragen möchten, sich aber außerstande sehen, die notwendigen Verfahrenskosten für einen Anwalt und die Gerichtskasse zu bezahlen.

Kind gegenüber Eltern

Eine dem Anspruch des Ehegatten vergleichbare gesetzliche Regelung wegen des Verfahrenskostenvorschusses gibt es für Kinder nicht. Die Rechtsprechung erkennt aber an, dass der Unterhaltsanspruch des Kindes gegenüber einem Elternteil als besondere Form des Sonderbedarfs auch den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss umfasst. Nicht zuletzt ließe sich der Anspruch aber auch daraus ableiten, dass der Kindesunterhalt den gesamten Lebensbedarf des Kindes umfasst (§ 1610 BGB). Zum Lebensbedarf kann gehören, dass das Kind Geld braucht, um seinen Unterhalt gerichtlich geltend zu machen.

 

Ist das Kind volljährig, besteht die Vorschusspflicht auch dann noch, wenn das Kind wegen der Fortdauer seiner Ausbildung noch keine eigene wirtschaftlich unabhängige Lebensstellung erreicht hat (BGH, FamRZ 2005, 883). Auch ist der Anspruch nicht auf privilegierte volljährige Kinder beschränkt (OLG Hamm, FuR 2016, 721). Dabei haften beide Eltern im Rahmen ihrer jeweiligen Leistungsfähigkeit. Die Haftungsverteilung bestimmt sich nach ihren jeweiligen Einkommens- und Vermögensverhältnissen. Dies gilt auch bei minderjährigen Kindern. Auch beim minderjährigen Kind haftet nicht nur der barunterhaltspflichtige Elternteil allein. Vielmehr haften beide Elternteile anteilig nach ihren Einkommensverhältnissen (OLG Karlsruhe, FamRZ 1996, 1100).

 

Geht es um Kindesunterhalt, handelt es sich jedenfalls um eine persönliche Angelegenheit des Kindes. Dies gilt auch, wenn das Kind den unterhaltspflichtigen Elternteil zur Bezifferung des Unterhaltsanspruchs vorab gerichtlich auf Auskunft in Anspruch nimmt (OLG Zweibrücken, FamRZ 1998, 94). Der Anspruch besteht zudem auch, wenn umgekehrt der unterhaltspflichtige Elternteil seine Unterhaltspflicht dem Grunde nach oder in der Höhe bestreitet und das Kind sich gerichtlich dagegen zur Wehr setzen möchte (OLG Nürnberg, FamRZ 1965, 517).

 

Der Anspruch des Kindes kann auch gegen den betreuenden Elternteil bestehen. Will das Kind beispielsweise sein Umgangsrecht gegenüber dem umgangspflichtigen Elternteil gerichtlich geltend machen, könnte es dem betreuenden Elternteil (oder die Großeltern, soweit unterhaltspflichtig) auch als seinen eigenen gesetzlicher Vertreter verpflichten, dafür einen Verfahrenskostenvorschuss zu leisten (OLG Koblenz, FamRZ 2001, 632). Als weitere Fälle kommen Fälle der Vaterschaftsfeststellung oder Vaterschaftsanfechtung in Betracht.

Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen

Nehmen Sie als Ehepartner oder als Kind den anderen Elternteil auf Zahlung eines Verfahrenskostenvorschuss in Anspruch, muss der Unterhaltspflichtige leistungsfähig sein. Dabei ist dem Elternteil der große Selbstbehalt (1650 € in 2023) zu belassen.

 

Bereits bestehende Verpflichtungen, wie beispielsweise die Tilgung von Darlehensverbindlichkeiten, sind zu berücksichtigen. Dabei sind Vermögenswerte heranzuziehen, allerdings nur, soweit deren Verwertung wirtschaftlich zumutbar ist. Je leistungsfähiger der Unterhaltspflichtige ist, umso geringere Anforderungen sind an die Bedürftigkeit des Berechtigten zu stellen OLG Köln, FamRZ 2003, 97). Bei durchschnittlichen Einkünften besteht im Regelfall keine ausreichende Leistungsfähigkeit.

 

Der Bundesgerichtshof hat klargestellt, dass der Unterhaltsberechtigte einen Verfahrenskostenvorschuss auch in Raten verlangen kann und der Unterhaltspflichtige in Raten zahlen darf, wenn der Unterhaltspflichtige nicht in der Lage ist, den Betrag in einer Summe zu leisten (BGH, FamRZ 2004, 1633).

Gerichtsverfahren muss Erfolgsaussichten haben

Der Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss besteht nur, wenn das gerichtliche Verfahren ausreichende Erfolgsaussichten hat. Dabei sind keine überzogenen Anforderungen zu stellen. Wegen fehlender Erfolgsaussichten kann der Vorschuss nur verweigert werden, wenn die Erfolgsaussicht offensichtlich nicht besteht oder die Inanspruchnahme des Unterhaltspflichtigen mutwillig erscheint. Mutwilligkeit ist anzunehmen, wenn die Möglichkeiten der außergerichtlichen Rechtsverfolgung noch nicht ausgeschöpft sind. Geht es um Kindesunterhalt, dürfte der Anspruch gegen den unterhaltspflichtigen Elternteil im Regelfall leicht zu begründen sein.

GUT ZU WISSEN

Verfahrenskostenvorschuss ist nicht rückzahlbar

Der Kostenvorschuss kann nicht zurückgefordert werden. Auch der Ausgang des Rechtsstreits begründet keine Rückzahlungspflicht. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Betrag des Kostenvorschusses die Höhe der dem Unterhaltsberechtigten tatsächlich entstandenen Kosten erheblich übersteigt (BGH FamRZ 2010, 452) oder sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Unterhaltspflichtigen wesentlich verbessert haben.

Alles in allem - den zweiten Schritt nicht vor dem ersten tun

Viele Unterhaltspflichtige verstehen nicht, dass sie dem Ex-Partner oder dem eigenen Kind die Verfahrenskosten für eine gerichtliche Auseinandersetzung gegen sich selbst vorfinanzieren müssen. Demgemäß ist es oft schwierig, den Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss allein durchzusetzen. Wir können Ihnen dann, wenn es so weit ist, helfen, streben aber im ersten Schritt eine außergerichtliche Einigung an, zum Beispiel in Unterhaltsfragen. Dazu ist es in fast allen Fällen zunächst einmal wichtig, dass Sie uns Informationen von sich für eine Unterhaltsberechnung geben. Anhand dessen kann dann später beurteilt werden, ob es zu einem Schritt wie der VKV-Forderung überhaupt kommen muss.

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