Scheidung, aber Partner/in hat nie gearbeitet

Welche Ansprüche sind berechtigt, welche nicht?

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Donnerstag, 16.11.2023 , geschrieben von iurFRIEND-Redaktion

Hat der Partner oder die Partnerin nie gearbeitet, könnte sich bei einer Scheidung eine Reihe von Fragen ergeben. Hier erfahren Sie alles zu den in diesem Falle relevanten Themen wie dem Verfahrenskostenvorschuss, Anspruch auf Unterhalt während der Trennung und nach der Scheidung sowie darüber, wie sich jener Umstand auf den Versorgungsausgleich und auf den Zugewinnausgleich auswirkt. Wenn Sie darüber hinaus erst einmal die Scheidung einreichen wollen, können Sie das über dieses Formular tun.

Anspruch auf Verfahrenskostenvorschuss

Wünscht der Partner die Scheidung und möchte einen Rechtsanwalt beauftragen, sind Sie als Ehegatte verpflichtet, einem Partner ohne eigenes Einkommen einen Verfahrenskostenvorschuss zu zahlen (§ 1360a Abs. IV BGB). Mit dem Geld soll der Partner in die Lage versetzt werden, das Scheidungsverfahren zu bezahlen. Sie sind zur Zahlung verpflichtet, auch wenn Sie damit ein Verfahren gegen sich selbst finanzieren.

 

Voraussetzung ist natürlich, dass Sie aufgrund Ihrer finanziellen Verhältnisse in der Lage sind, einen solchen Verfahrenskostenvorschuss zu bewältigen. Sollte dies nicht möglich sein, hätte der Partner wahrscheinlich Anspruch auf staatliche Verfahrenskostenhilfe. Dann würde die Staatskasse die Kosten des Scheidungsverfahrens übernehmen.

Anspruch auf Trennungsunterhalt

Trennen Sie sich, hat Ihr finanziell wahrscheinlich bedürftiger Ehegatte für den Zeitraum der Trennung Anspruch auf Trennungsunterhalt (§ 1361 BGB). Dessen Höhe bemisst sich nach Ihren Erwerbs- und Vermögensverhältnissen in der Ehe.

 

Positiv für Ihre Position ist, dass ein nicht erwerbstätiger Ehegatte darauf verwiesen werden kann, zumindest nach Ablauf einer gewissen Zeit seinen Unterhalt durch eine eigene Erwerbstätigkeit selbst zu verdienen, wenn dies von ihm/ihr nach den persönlichen Verhältnissen, insbesondere wegen einer früheren Erwerbstätigkeit unter Berücksichtigung der Dauer der Ehe, erwartet werden kann. Je länger der Zeitraum der Trennung andauert, desto mehr wächst der Ehegatte in die Pflicht hinein, eigenes Geld zu verdienen. Als grobe Orientierung dient ein Zeitraum von bis zu zwölf Monaten.

 

Auch die Dauer der Ehe spielt eine Rolle. Je kürzer Sie verheiratet waren, desto weniger lässt sich ein Anspruch auf Trennungsunterhalt begründen.

Anspruch auf Ehegattenunterhalt

Nach der Scheidung obliegt es jedem Ehegatten, selbst für den Unterhalt zu sorgen. Nur dann, wenn er oder sie dazu unverschuldet aufgrund der Lebensumstände außerstande ist, kommt ein Anspruch auf nachehelichen Ehegattenunterhalt in Betracht.

 

Das Gesetz beschreibt hierzu in sieben Tatbeständen, unter welchen Voraussetzungen nachehelicher Unterhalt begründet sein kann. Hat der Partner noch nie gearbeitet, dürfte der Tatbestand des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit im Vordergrund stehen (§ 1573 BGB). Da das Gesetz nur die Grundsätze beschreibt, ist die Rechtsprechung immer wieder berufen, im Einzelfall zu entscheiden.

Details zum Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit

Nach der Scheidung ist ein bislang erwerbsloser Ehegatte verpflichtet, jede „angemessene“ Erwerbstätigkeit auszuüben. Als angemessen bewertet das Gesetz eine Erwerbstätigkeit, die 

  • die Ausbildung des Ehegatten,
  • dessen Fähigkeiten,
  • eine frühere Erwerbstätigkeit,
  • das Lebensalter,
  • den Gesundheitszustand,
  • die Dauer der Ehe und
  • die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes

berücksichtigt und dem Ehegatten im Hinblick auf Ihre gemeinsamen ehelichen Lebensverhältnisse zuzumuten ist. Wenn der Ehegatte noch nie gearbeitet hat, sind die Anforderungen an eine angemessene Erwerbstätigkeit sehr gering. Eigentlich müsste er oder sie jede Art von Arbeit annehmen und dafür Sorge tragen, dass er/sie dem Grundsatz der Eigenverantwortung gerecht wird. Allerdings ist dabei auch der voreheliche Lebensstandard zu berücksichtigen. Dies gilt umso mehr, als die Ehe von langer Dauer war und der Ehegatte auf diesen Lebensstandard vertrauen durfte.

Praxisbeispiel

Manager heiratet Assistentin

Herr Müller ist ein gut bezahlter Manager. Er hatte seine 22-jährige Sekretärin geheiratet. Aus „Standesgründen“ blieb die Frau zu Hause, führte den Haushalt und beschränkte ihre Aktivitäten auf Repräsentationspflichten. Die Ehe blieb kinderlos. Wird die Ehe nach kurzer Zeit geschieden, kann sich die Frau nicht auf den kurzzeitig bedingten höheren Lebensstandard berufen und auch nicht darauf, dass die frühere Tätigkeit jetzt nicht mehr angemessen sei. Sie wird also wieder arbeiten müssen. Anders dürfte die Sachlage zu bewerten sein, wenn die Ehe nach 20 Jahren geschieden wird. Dann wäre tatsächlich zu klären, ob es der Frau noch zuzumuten wäre, ihren früheren Beruf erneut auszuüben. Doch Vorsicht: So weit es für die Aufnahme einer angemessenen Erwerbstätigkeit erforderlich ist, sind Sie verpflichtet, dem Ehegatten für eine Ausbildung, Fortbildung oder Umschulung Unterhalt zu zahlen, sofern ein erfolgreicher Abschluss der Ausbildung zu erwarten ist (§ 1574 Abs. III BGB).

Inwieweit muss der Partner Bewerbungen nachweisen?

Die Rechtsprechung verlangt, dass der geschiedene Ehegatte nahezu die gesamte Zeit, die ein Erwerbstätiger berufstätig ist, für die Arbeitssuche aufwendet. Es reicht nicht, pauschal zu behaupten, die Arbeitsplatzsuche sei erfolglos und der Arbeitsmarkt biete nichts Passendes. Auch die Meldung beim Arbeitsamt reicht allein nicht.

 

Vielmehr wird eine umfangreiche Privatinitiative verlangt. Der Partner muss Bewerbungen auf Stellenanzeigen in Zeitungen und eigene Inserate über einen längeren Zeitraum, auch außerhalb des unmittelbaren Wohnbereichs, einbeziehen. Die Bemühungen sind detailliert zu dokumentieren. Sollte es zu einer gerichtlichen Auseinandersetzung kommen, müsste der Partner die Bewerbungsschreiben sowie die hierauf ergangenen Antworten der angeschriebenen Arbeitgeber vorlegen.

 

Besteht hingegen keine echte Chance, Arbeit zu finden, müssen die Bemühungen nachweisbar erfolglos geblieben seien, weil eben objektiv keine echte Beschäftigungschance besteht. Behauptet der Ehegatte, dass von Anfang an keine reale Beschäftigungschance bestanden habe, trifft ihn die Beweislast. Jeder ernsthafte Zweifel geht zu dessen Lasten. Eine von der Arbeitsagentur vorgeschlagene Umschulungsmaßnahme kann ein Indiz dafür sein, dass der Ehegatte von Anfang an nicht vermittelbar gewesen ist, rechtfertigt aber noch nicht zuverlässig den Schluss, dass keine Arbeitsmöglichkeit besteht.

Muss sich der Partner irgendwann Einkünfte anrechnen lassen, die er nicht hat?

Soweit sich der an sich unterhaltsbedürftige Partner nicht ernsthaft und nachhaltig um einen Arbeitsplatz bemüht hat, werden ihm/ihr theoretisch erzielbare „fiktive“ Einkünfte angerechnet. Der Partner wird so behandelt, als hätte er oder sie eigenes Geld verdient. Ein Unterhaltsanspruch ist dann mehr als fraglich.

Was sind die Auswirkungen auf den Versorgungsausgleich, wenn Partner/in nie gearbeitet hat?

Hat der Partner nie gearbeitet, hat er oder sie auch keine Rentenanwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung erworben. Führt das Familiengericht dann von Amts wegen bei der Scheidung den Versorgungsausgleich durch, wird die Hälfte Ihrer Rentenpunkte auf den Partner übertragen.

 

Haben Sie übrigens für den Partner vorgesorgt (z.B. Zahlung der Prämien in eine Rentenversicherung), haben Sie wiederum selbst Anspruch, an diesen Anwartschaften im Rahmen des Versorgungsausgleichs beteiligt zu werden.

Was sind die Auswirkungen auf den Zugewinnausgleich, wenn Partner/in nie gearbeitet hat?

Hat der Partner nie gearbeitet, hat er oder sie wahrscheinlich keine Vermögenswerte erworben. Insoweit bestünde bei der Scheidung Anspruch auf Zugewinnausgleich. Sie müssten die Hälfte dessen, was Sie in der Ehe an Vermögenszuwachs erzielt haben, an den Partner abtreten. Sollte der Partner in den Genuss einer Erbschaft gekommen sein, werden zwar nicht die Erbschaft selbst, wohl aber die Erträge aus den eventuell im Nachlass befindlichen Vermögenswerten beim Zugewinnausgleich berücksichtigt (z.B. Mieterträge, Kapitaleinkünfte). Sofern Sie wegen der Zahlung des Zugewinnausgleichs Liquiditätsprobleme haben, würde sich empfehlen, abweichend vom gesetzlichen Standardmodell eine individuelle Ausgleichsregelung zu vereinbaren (modifizierter Zugewinnausgleich). Wir beraten Sie dazu gern.

Alles in allem

Auch wenn der Partner, der nie gearbeitet hat, bei der Scheidung dem Grundsatz nach vielfältige Ansprüche hat, haben Sie Ihrerseits eine Reihe von Ansätzen, diese Ansprüche anzuzweifeln und bestenfalls abzuwehren. Da jede Scheidung individuell ist, nehmen Sie am besten heute noch Kontakt auf zu uns.

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